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Die Katastrophe in Japan: ein dreifacher "Achtungsruf"

("Adventisten heute"-Aktuell, 28.3.2011) Welch eine Dramatik! In Ägypten hat eine Volksbewegung einen Regimewechsel erzwungen. Im Nachbarland Libyen versuchen die Menschen, den Tyrannen Muamar-al-Gaddafi loszuwerden. Auch in anderen arabischen Staaten gab es Volksaufstände. Und dann bebte am 11. März vor der Küste Japans die Erde unter dem Meeresgrund. Die Erdstöße erreichten 9,0 auf der Richterskala und verursachten eine Tsunami-Flutwelle, die weite Gebiete der Miyagi-Provinz um die Stadt Sendai verwüstete. Erdbeben und Tsunami forderten nach derzeitigen Schätzungen etwa 25.000 Todesopfer. Und als sei der Inselstaat dadurch nicht gepeinigt genug, ereignete sich am Atomkraftwerk in Fukushima, das im Erdbebengebiet liegt und schwer getroffen wurde, ein Unfall mit noch unabsehbaren Auswirkungen. Weil alle Stromquellen versagten, konnten die Reaktoren nicht ausreichend gekühlt werden, es kam zu Wasserstoffexplosionen und später zu einer Kernschmelze. Dabei traten große Mengen radioaktiver Strahlung aus. Wie viele Menschen verstrahlt wurden, wie stark die Umgebung und das Grundwasser verseucht wurde und welche Spätfolgen noch zutage treten werden, wissen selbst Experten nicht genau einzuschätzen. Ein ähnlich schwerer Atomunfall ereignete sich bisher nur 1986 in Tschernobyl.

Normalerweise hätte ein einziges der genannten Ereignisse aus jenen Wochen ausgereicht, um die Berichterstattung in den Medien zu dominieren. Aber durch die Fülle und die Dramatik der Geschehnisse hatten die Fernsehanstalten und Tageszeitungen Mühe, ihre Prioritäten zu sortieren. Insbesondere die Katastrophe in Japan hat die Öffentlichkeit aufgewühlt - vergleichbar mit der Reaktion nach den Terroranschlägen des 11. September 2001. Was sagen wir als Christen - genauer: als adventistische Christen - zu diesen Schrecknissen?

Hat es Erdbeben und Kriege nicht schon immer gegeben? Zweifellos! Die Steigerung solcher Katastrophen in Stärke und Ausdehnung ist jedoch ein "Zeichen der Zeit" - ein "Achtungsruf", wie es der renommierte Theologe Hans Heinz jüngst in Adventisten heute (Februar-Ausgabe, S. 17ff. vgl. Matthäusevangelium 24,8) darlegte. Ist die Feststellung, dass wir in der Endzeit leben und uns künftig verstärkt auf Zeiten des Unheils einzustellen haben, eine für uns als Adventisten angemessene und hinreichende Reaktion darauf? Ich glaube nicht. Wir sollten vielmehr eine dreifache Antwort geben.

1. Die Antwort der Nächstenliebe

Das Unglück in Japan mit seinen Zehntausenden Toten und möglicherweise Millionen Flüchtlingen hat in vielen Menschen Mitleid geweckt. Das erste und Wichtigste, was Christen jetzt tun sollten, ist Hilfe zu leisten - hierzulande beispielsweise durch Spenden an ADRA. Selbstgerechtigkeit - die etwa in der Bemerkung zum Ausdruck kommt, die Japaner seien zumindest am Atomunglück schuld, weil sie Kernkraftwerke in erdbebengefährdeten Gebieten bauten - ist völlig fehl am Platz. Nächstenliebe fragt nicht nach schuldhaftem Verhalten, verzichtet auf Häme und hilft ohne Vorbehalt - weil ihr die geplagten Menschen am Herzen liegen. ADRA und Co. geben die richtige Antwort und verdienen unsere volle Unterstützung - auch bei künftigen "Endzeitkatastrophen".

2. Die Antwort der Besonnenheit

Wenn wir die Ereignisse in Libyen oder Japan in unserer Verkündigung thematisieren, dann sollten wir es in einer zurückhaltenden Weise tun. Die Menschen sind verunsichert genug und brauchen Worte des Trostes und der Zuversicht. Sensationsgierige, kurzlebige Deutungen biblischer Prophetie helfen ihnen nicht. Auch wird es säkulare Menschen kaum beeindrucken, wenn wir sie unter Hinweis auf solche Katastrophen zur Bekehrung aufrufen. Ähnliches versuchte man nach dem 11. September 2001 in New York - mit niederschmetterndem Ergebnis (nachzulesen bei Jon Paulien, Wie erreichen wir Leute von heute? , S. 31f.).

Paulus wies darauf hin: "Missachtet ihr die große Güte, Nachsicht und Geduld, die Gott euch bis jetzt erwiesen hat? Seht ihr nicht, dass er euch durch seine Güte zur Umkehr bewegen will?" (Römerbrief 2,4 GNB) Und Ellen White schrieb über die Verkündigung des Evangeliums in der Endzeit: "Die letzten Strahlen des Gnadenlichts, die letzte Botschaft der Barmherzigkeit sollen der Welt das liebevolle Wesen Gottes offenbaren. Gleichzeitig sind seine Kinder dazu aufgerufen, in ihrem Lebensstil und Wesen die Gnade Gottes deutlich werden zu lassen, um so anderen Menschen Gottes Herrlichkeit zu offenbaren." (Bilder vom Reiche Gottes , S. 339) Die endzeitliche Verkündigung stellt also den liebevollen Charakter Gottes in den Mittelpunkt, der sich durch Jesu Tod am Kreuz am deutlichsten zeigte. "Das Licht, das uns vom Kreuz entgegenstrahlt, offenbart die Liebe Gottes. Seine Liebe zieht uns zu sich." (Ellen White, Das Leben Jesu , S. 160)

3. Die Antwort der Wachsamkeit

Kennzeichnend für die Endzeit sind nicht allein die Naturkatastrophen, Hungersnöte, Kriege und Wirtschaftskrisen. Diese treffen alle Menschen, egal welcher Religion oder politischen Weltsicht sie anhängen. Für Gottes Gemeinde ist eine politische Entwicklung von besonderer Bedeutung, die zu den Tier-Mächten aus Offenbarung 13 zusteuert. Diese Mächte haben es vor allem auf jene Menschen abgesehen, die Gott treu bleiben. Beides - die Katastrophen und Nöte und die politische Entwicklung - hat etwas miteinander zu tun. Beispielsweise haben die Terroranschläge des 11. September dazu geführt, dass bürgerliche Freiheiten in den USA massiv (und im geringeren Maße auch in Europa) eingeschränkt und die Kontrollen auf allen Ebenen verstärkt wurden.

Durch die Atomkatastrophe vom 11. März in Japan reagierte man in Deutschland mit einer politischen Nervosität, die aus Angst vor Wahlniederlagen am Parlament vorbei per Dekret die Hälfte aller Atomanlagen abschaltete. Nun gibt es viele gute Gründe gegen die Nutzung der Atomkraft, aber sie waren schon vor Fukushima bekannt. Als jedoch eine "Stimmung" gegen diese Form der Energieerzeugung selbst "atomkraftfreundlich" eingestellte Bevölkerungsschichten erfasste, beschloss die Bundesregierung, die die Kernenergie bislang hartnäckig verteidigte, den halben "Sofortausstieg", ohne Rücksicht darauf, ob das juristisch überhaupt zulässig war. Eine Zeitungskommentatorin fragte daraufhin ironisch, wie die Regierung neuerdings auf Emotionen in der Bevölkerung reagiere: "Indem sie Gesetze und den parlamentarischen Prozess im Affekt außer Kraft setzt? Wie wäre es angesichts des gefühlten Unwohlseins über einen radikalen Islam mit der Schließung aller Moscheen? Oder mit Tempo 200 auf Autobahnen, weil man sich einfach gefühlt frei wähnt? Wie mit Einführung der Todesstrafe, weil das Volk die eben will? Warum Steuern zahlen, wenn man sich gefühlt ungerecht behandelt fühlt?" (Die Welt vom 20. März 2011)

Krisen und Katastrophen befördern offenbar die Unberechenbarkeit der Politik - selbst in demokratischen Rechtsstaaten. Hier gilt es wachsam zu sein, denn die besten Garanten für Religionsfreiheit sind rechtsstaatliche Verlässlichkeit und die Bewahrung der bürgerlichen Freiheitsrechte. Wenn beides wankt, müssen sich religiöse und andere Minderheiten darauf gefasst machen, ungeschützt den Stimmungen des Volkes ausgesetzt zu sein. In einer solchen Lage hätten die "Tier-Mächte" aus Offenbarung 13 ein leichtes Spiel, sich durch das Schüren von Ängsten gegenüber missliebigen Gruppen eine Legitimation für deren "Beseitigung" zu verschaffen. Der bekannteste Gerichtsprozess des Neuen Testaments sollte uns eine Warnung sein. "Volkes Stimme" wollte lieber den Verbrecher Barabbas als den unschuldigen Jesus freilassen. Und Pilatus, der Vertreter des Rechtsstaats, war zu schwach, um dem zu widerstehen. Jesus rät uns: "Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist." (Markusevangelium 13,33)

Thomas Lobitz ist Redakteur von "Adventisten heute", der Gemeindezeitschrift der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland.


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