Reformationsjubiläum international
Fleischmann-Bisten wies darauf hin, dass am 31. Oktober die letzte Etappe der seit 2008 mit jährlich wechselnden Themen präsenten Reformationsdekade startet. 499 Jahre nach der Abfassung und rasanten Verbreitung von Martin Luthers 95 Thesen gegen kirchliche Missstände steht nun ein Jahr lang das Thema "500 Jahre Reformation" im kirchlichen und gesellschaftlichen Mittelpunkt. Dabei gehe es jedoch weder um ein Lutherjubiläum noch um ein ausschließlich deutsches Datum. Auch in anderen europäischen Ländern und selbst in den USA sei eine Fülle von Veranstaltungen zur Reformation geplant.Reformationsjubiläum auch Ärgernis
Auch die Katholiken sind in Deutschland ins Reformationsjubiläum mit einbezogen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, und Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK), betonten in einem "gemeinsamen Wort zum Jahr 2017": "2017 werden wir erstmals in der Geschichte der getrennten Kirchen die Erinnerung an den 500. Jahrestag der Reformation auch in ökumenischer Gemeinschaft feiern." Was aber nicht gesagt worden sei, so Fleischmann-Bisten, der am Konfessionskundlichen Institut Bensheim auch der Freikirchenreferent war: Weder die zur Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) gehörenden und in Deutschland kleinen Kirchen mit reformatorischen Wurzeln sind in diesen Versöhnungsprozess einbezogen worden noch die weitaus größere Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Für ihn ist das "ein ökumenisches Ärgernis, ein Skandalon".Auch Freikirchen sind Kinder der Reformation
Auch die evangelischen Freikirchen seien Kinder der Reformation, betonte Fleischmann-Bisten. Der Verein für Freikirchenforschung, dessen Bibliothek in Friedensau von der Hochschulbibliothek betreut wird, habe dies bereits 2010 durch zwei Symposien zur Wittenberger und der oberdeutsch-schweizerischen Reformation wissenschaftlich belegt. Auch die Friedensauer Hochschule habe sich während eines internationalen Kongresses von adventistischen Historikern und Theologen im Mai 2016 mit dem Thema "Auffassungen der Protestantischen Reformation bei den Siebenten-Tags-Adventisten" befasst. Und die VEF betone: "Mit den Kirchen der Reformation verbindet uns die Gewissheit, dass der Mensch allein durch den Glauben Rettung erfährt. Dieses Heil ist unlösbar mit der Person Jesus Christus verbunden. Die Bibel ist für uns die alleinige Autorität und Richtschnur in allen Fragen des Glaubens und der Lehre, aber auch des Dienstes und des persönlichen Handelns." Daher wären die Freikirchen "legitime Erben der Reformation und eine eigenständige Ausprägung des evangelischen Christentums".Prägung der Adventisten durch Anliegen der Reformation
Dass auch die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten bis heute in besonderer Weise von Anliegen der Reformation geprägt sei, beleuchtete Walter Fleischmann-Bisten an den Themen Bildung und Schule sowie Religionsfreiheit. Aus der Grundüberzeugung des mündigen Christseins ergab sich ein Bildungsanspruch der Reformation: An jedem Ort sollte es Schulen geben, sodass in protestantischen Gebieten die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde. Das weltweite adventistische Schulangebot mit über 7.500 Bildungseinrichtungen stelle das "größte protestantische Bildungswerk" dar. Philipp Melanchthon wie auch der hessische Landgraf Philipp, beides große Bildungsreformer ihrer Zeit, hätten eine solche Entwicklung sehr unterstützt.Beim Thema Religionsfreiheit verwies Fleischmann-Bisten auf den "linken Flügel" der Reformation. Er habe die reformatorische Unterscheidung zwischen Kirche und Staat trotz schwerer Verfolgung aufgegriffen und schließlich in der Neuen Welt vom Ende des 18. Jahrhunderts an durch Mennoniten, Baptisten und Quäker auch verfassungsmäßig umgesetzt. Auch die Adventisten würden sich hierbei engagieren, wie das seit 1982 bestehende und heute an der Friedensauer Hochschule verankerte "Institut für Religionsfreiheit" zeige.