(AdventEcho online, 13.11.2009) Die charismatische Bewegung neigt sich ihrem Ende zu. Diese Ansicht vertritt einer ihrer führenden Repräsentanten, Pastor Wolfhard Margies (Berlin). Nach seinen Worten stagniert die Mitgliederentwicklung der Bewegung. Außerdem fehle es ihr an missionarischer Kraft, schreibt er im Thesenpapier “Gedanken zur charismatischen Bewegung und zur Emerging Church”, das Margies charismatischen Leitungspersonen vorgelegt hat, die im “D-Netz” organisiert sind. “D” steht für Deutschland, Demut und Dienstgaben. Das seit 24 Jahren bestehende Netz versteht sich als Freundeskreis von Pastoren aus unabhängigen charismatischen Gemeinden.
Margies leitet eine der größten freien charismatischen Gemeinden Deutschlands – die 1981 aus der Trennung von einer Berliner Baptistengemeinde hervorgegangene “Gemeinde auf dem Weg”. Margies zufolge lebt die charismatische Bewegung “schon seit langem aus fremdem Gut”. Die meisten Mitglieder hätten sich nicht in den eigenen Reihen, sondern in evangelikalen Gemeinden bekehrt, um später zu den charismatischen Gemeinden zu wechseln.
“Überwiegend unprofessionell”
Die missionarische Wirksamkeit charismatischer Gemeinden sei “erstaunlich gering”. Die klassische charismatische Gemeinde tue sich schwer damit, für Nichtchristen attraktiv zu sein und ihnen eine bleibende Heimat zu bieten. Margies: “Ihre Gottesdienste sind mit charismatischen Stilmitteln überladen, überwiegend unprofessionell bis dilettantisch oder gar kitschig. Die Anbetung – ihre Domäne – weist in vielen Gemeinden erhebliche Qualitätsmängel auf, ist zu laut oder zu lang oder handwerklich einfach mangelhaft.” Alle Beiträge, Predigten eingeschlossen, litten unter Oberflächlichkeit, mangelnder Attraktivität und wiesen eine “sehr fromme Sprache” auf. Es fehle der Bezug zu den wirklichen Nöten der Menschen. “Die Bekehrungsrate ist gering und geht hin bis zu Null”, so Margies. Außerdem fehle es an geistlicher Vollmacht. Laut Margies schuf die charismatische Bewegung eine “unscharfe, ja eigentlich verkehrte Theologie, indem sie einen Teilaspekt biblischer Lehre, die Taufe im Geist, zum Ganzen erklärte”.
Kritik an Evangelikalen und “Emerging Church”
Kritik übte Margies auch an der evangelikalen Bewegung. Diese habe durch Liberalisierung, Anpassung und Erosion der Lehre ebenfalls missionarische Kraft verloren. Auch die aus den USA kommende Bewegung “Emerging Church” (Auftauchende Kirche) weise keinen Weg aus der Krise. Zwar sei es ihr gelungen, die Fragen, Bedürfnisse und Nöte postmoderner Menschen zu erfassen. Sie habe auch veraltete christliche Ausdrucksformen in Frage gestellt. Jedoch sei ihre Theologie “zu nicht geringen Teilen ausgehöhlt” und weise einen “immer rasanter werdenden Bergrutsch der christlichen Ethik” auf. (idea)