(“Adventisten heute”-Aktuell, 20.1.2012) Ein Mormone hat derzeit die größten Chancen, als republikanischer Bewerber um die US-Präsidentschaft Amtsinhaber Barack Obama bei den Wahlen in diesem Jahr herauszufordern. Der 64-jährige Multimillionär und frühere Gouverneur von Massachusetts Mitt Romney hat sich in den Vorwahlen in den Bundesstaaten Iowa und New Hampshire gegen seine Mitbewerber durchgesetzt; die nächste findet am 21. Januar in Süd Carolina statt. Doch was würde es für die christlich geprägten USA bedeuten, wenn ein früherer Ortsbischof der “Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage”, wie sich die Mormonen nennen, in das Weiße Haus einzöge?
Die rund 60 Millionen Evangelikalen, die einen bedeutenden Anteil der republikanischen Wähler stellen, sind gespalten. Viele sehen die Mormonen als nicht-christliche Sondergemeinschaft an und ziehen daher eher einen wertkonservativen Katholiken wie den früheren Senator Rick Santorum vor. Aber was glauben eigentlich die Mormonen? Wie unterscheiden sich ihre religiösen Überzeugungen von den christlichen?
EZW-Referent: Mit christlicher Theologie unvereinbar
Michael Utsch, Referent für christliche Sondergemeinschaften der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin, kommt in einem Beitrag für das Nachrichtenmagazin ideaSpektrum (Wetzlar) zu dem Schluss, dass die mormonische Lehre trotz vielfältiger Bezugnahmen auf Jesus Christus mit christlicher Theologie unvereinbar sei. Utsch: “Aus Sicht der ökumenischen Kirchen sind die Mormonen keine christliche Kirche, aber auch keine Sekte, die sich von der traditionellen Kirche abgespalten hat, sondern eine synkretistische (religionsvermischende) Neureligion.” Die Offenbarungen des Mormonen-Gründers Joseph Smith (1805-1844) widersprächen an zentralen Stellen dem Evangelium. Smith will neue Offenbarungen von Gottes Heilsplan erhalten haben, die er im Buch Mormon niederschrieb. Mormonen sehen es als gleichberechtigt neben der Bibel an.
Typisch amerikanische Religion
Laut Utsch wird Amerika in dem Buch als auserwähltes Land und Ort göttlichen Heilshandelns beschrieben. So sei der auferstandene Christus nach Amerika gekommen, habe dort gelehrt und eine Kirche gegründet. In Amerika werde auch das Paradies vermutet, und die Wiederkunft Christi solle sich ebenfalls dort ereignen. Utsch bezeichnet den Mormonismus als “vielleicht die typischste amerikanische Religion”: “Das erwählte Land Amerika, der Fortschrittsoptimismus und die starke Familienorientierung sprechen dafür.” In Deutschland herrsche eine andere Kultur vor, die Religion stärker von Beruf und Politik trenne. Hier hätte laut Utsch ein Mormone keine Chance, Bundeskanzler zu werden.
Romney war Mormonen-Missionar
Romney war laut Utsch als junger Mann zwei Jahre lang als Mormonen-Missionar in Frankreich und später als ein Ortsbischof der Religionsgemeinschaft tätig. Weltweit hat sie 14 Millionen Mitglieder, davon 37.500 in Deutschland. Rund um den Globus sind 52.000 Missionare für sie unterwegs. In den USA sind die Mormonen vor allem im Bundesstaat Utah heimisch. Mehr als 60 Prozent der 2,7 Millionen Einwohner bekennen sich dort zum mormonischen Glauben. (idea)