(“Adventisten heute”-Aktuell, 17.5.2013) Welche neuen Trends gibt es in Psychotherapie und Seelsorge? Darüber sprach der Psychiater und Psychotherapeut Samuel Pfeifer (Riehen bei Basel), zum Abschluss des 7. Internationalen Kongresses für Psychotherapie und Seelsorge, der vom 8. bis 11. Mai in Würzburg zum Thema “Zeitgeist” stattfand.
Werte-orientierte Therapien gefragt
Als Megatrend nannte Pfeifer die Suche nach Weisheit, Werten, Anerkennung und Lebenssinn. Basis einer erfolgreichen Psychotherapie sei eine warmherzige therapeutische Beziehung, in der Werte vermittelt würden, die den Menschen tragen und ihm neuen Sinn vermitteln. Gefragt seien daher werte-orientierte Therapien, die einen Brückenschlag zwischen Psychotherapie und Seelsorge erlaubten. Die Bedeutung von Spiritualität werde heute allgemein akzeptiert. Werte wie Optimismus, Anerkennung und Lösungsorientierung würden häufig durch den christlichen Glauben vermittelt. Christliche Berater und Therapeuten dürften daher mit Selbstbewusstsein darauf hinweisen, dass “moderne Psychotherapien ein Gefäß für zeitlose Werte sind”.
Weltweit nehmen psychische Krankheiten zu
Zudem führte Pfeifer – er ist Chefarzt der Psychiatrischen Klinik Sonnenhalde – acht weitere Trends an:
1. Weltweit nehmen psychische Krankheiten zu. Dabei ist Depression die führende Ursache für gesundheitliche Einschränkung.
2. Internetbasierte Therapieprogramme ergänzen bisherige Therapieangebote. Allerdings fehlt bei der “virtuellen Couch” der zwischenmenschliche Dialog.
3. Die Erkenntnisse der Hirnforschung ergänzen die Psychotherapie, etwa wie die neuronalen Netzwerke bei Depressionen, Angststörungen oder Zwangsstörungen funktionieren.
4. Personalisierte Psychiatrie erhebt den Anspruch, Therapievorhersagen aufgrund genetischer Daten des Patienten zu machen. Dies ist jedoch illusorisch, da dabei psychische Prozesse außer Acht gelassen werden.
5. Pragmatische Therapie nimmt zu und ist erstaunlich effektiv und erfolgreich. Dabei kommt es nicht auf tiefgründige Interpretationen einer Krankheit an, sondern auf einfache, praktische Hilfe.
6. Die Psychodynamik kehrt in die Verhaltenstherapie zurück. Sie untersucht in der Kindheit erworbene Verhaltensmuster und prüft, ob diese hilfreich oder schädliche “Lebensfallen” sind.
7. Achtsamkeit gilt heute als ein unverzichtbares Element für beinahe jede Therapieform. Sie wird buddhistischen Wurzeln zugeschrieben, ist jedoch auch mit einem christlichen Weltbild vereinbar. Dabei kommt es darauf an, Momente der Stille und der Meditation in den Tag einzubauen, jeden Augenblick dankbar gegenüber Gott wertzuschätzen.
8. Entwicklung von Sensibilität für fremde Kulturen. Dabei kommt es darauf an, offen zu sein für kulturelle Besonderheiten, etwa für Ängste und Tabus. (idea)