(“Adventisten heute”-Aktuell, 21.2.2014) Wie beurteilen Bürger die verschiedenen Religionen und Kirchen und welche Reihenfolge ergibt sich daraus? Mit dieser Frage hat sich der an der Universität Leipzig lehrende Theologe und Religionswissenschaftler Prof. Marco Frenschkowski auseinandergesetzt. Im Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin) stellt er eine Hierarchie auf, wie Religionen in der Öffentlichkeit wahrgenommen und bewertet werden. Sie beruht nach seinen Angaben auf Beobachtungen und Befragungen in zahlreichen landeskirchlichen Gemeinden, werde aber auch weitgehend bei kirchlich Ungebundenen so gesehen.
Buddhistische Gruppen: besseres Image als missionarische Freikirchen
Danach steht das Judentum ganz oben. Es nimmt – wie Frenschkowski gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea erläuterte – aus historischen Gründen einen Sonderstatus ein und ist “tendenziell der Kritik enthoben”. Dahinter folgt die evangelische Kirche vor ihren Schwesterkirchen und ökumenischen Partnerkirchen im Ausland. Auf Platz vier rangiert die katholische Kirche, gefolgt von Migrantengemeinden und evangelischen Freikirchen, die missionarisch eher zurückhaltend sind. Dazu zählt der Theologe etwa die Evangelisch-methodistische Kirche. An siebter Stelle stehen buddhistische Gruppen. Den achten Rang teilen sich Bahaâi und “etablierte islamische Gruppen”. Dazu rechnet Frenschkowski vor allem Moscheegemeinden, die kulturell und interreligiös engagiert sind. Die neunte Position nehmen missionarisch aktive Freikirchen ein. Dazu gehören dem Theologen zufolge etwa charismatische und pfingstkirchliche Kreise. Dahinter folgen gemeinsam “neohinduistische missionsaktive Gruppen” und esoterische Gemeinschaften. Im hinteren Feld rangieren traditionelle Sondergemeinschaften wie die Zeugen Jehovas und die Mormonen. Dahinter liegen nur noch Scientology, islamistische Gruppen sowie “braune” esoterische Kreise.
“Langjährige Diffamierung der Mission” bemerkbar
Hinsichtlich der Bewertungskriterien schreibt der Wissenschaftler, dass alte und große Religionsgemeinschaften generell mit mehr Respekt behandelt werden als neue und kleine. Missionarisch zurückhaltende Gemeinschaften würden mehr geachtet als offensive. Nach wie vor spreche es für eine Gruppe, wenn sie nicht missioniere “und also so schlimm nicht sein könne”. Frenschkowski: “Die langjährige Diffamierung von Mission in der evangelischen Theologie wirkt hier noch nach, auch wenn sie in der Theologie selbst überwunden ist.” Nach seinen Worten genießen religiöse Gemeinschaften, die dem Staat gegenüber ihre Loyalität bekunden, mehr Ansehen als solche, die grundsätzliche Skepsis oder Kritik äußern. Von großen, etablierten Gemeinschaften erwarteten die Bürger, dass sie politisch Stellung beziehen und soziale Anliegen unterstützen, ohne Parteipolitik zu betreiben. Dem politischen Engagement kleiner Gruppen werde dagegen mit grundsätzlicher Skepsis und Unterwanderungsängsten begegnet. (idea)