(“Adventisten heute”-Aktuell, 22.8.2014) Der am 16. August im Alter von 90 Jahren gestorbene Journalist und Bestsellerautor Peter Scholl-Latour (Rhöndorf bei Bonn) war nicht nur ein “Welterklärer”, wie es in Nachrufen heißt. Darüber hinaus vermittelte der katholische Christ auch eine klare und weitsichtige Sicht von der Rolle der Religionen in der Weltpolitik und der Gesellschaft.
“Das Christentum hat teilweise schon abgedankt”
Scholl-Latour hatte fast alle Länder bereist und war Deutschlands erfolgreichster Sachbuchautor. Ende 2012 sagte er in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea: “Ich fürchte nicht die Stärke des Islam, sondern die Schwäche des Abendlandes. Das Christentum hat teilweise schon abgedankt. Es hat keine verpflichtende Sittenlehre, keine Dogmen mehr.” Den Kirchen riet er, bei ihren ursprünglichen Lehren zu bleiben. Die Welt befinde sich “in einer religiösen Gärung”. Eine Ausnahme bilde Europa. Scholl-Latour: “Machen wir uns keine Illusionen: Europa wendet sich vom Christentum ab, wird agnostisch, aggressiv aufklärerisch, atheistisch. Die Frömmigkeit wird weiter nachlassen und die Verhöhnung der Religion weiter zunehmen.”
“Das Böse steckt tief im Menschen”
Ferner wandte er sich gegen eine zu optimistische Weltsicht; “Das Böse steckt tief im Menschen.” Eine Religion oder Weltanschauung, die davon ausgehe, dass der Mensch von Natur aus gut sei, müsse scheitern. Die Menschheit erlebe ständig neue Ausbrüche des Bösen. Kritik äußerte Scholl-Latour auch an der deutschen Außenpolitik. Diese messe mit unterschiedlichem Maß. So würden Christen und Juden in Saudi-Arabien viel stärker diskriminiert als im Iran: “In Saudi-Arabien dürfen keine Kirchen und Synagogen gebaut und keine Gottesdienste gehalten werden, und der Besitz einer Bibel steht unter Strafe. Der Iran lässt das alles zu – aber er gehört zu den Ländern, die wir anprangern.” (idea)