Der Evangelist Franklin Graham (Charlotte/US-Bundesstaat North Carolina) hat zum Gebet für die protestierenden kanadischen Lastwagenfahrer aufgerufen. Zum Hintergrund: Seit Ende Januar blockieren hunderte kanadische Trucker und tausende Unterstützer wichtige Straßen des Landes und Teile der Hauptstadt Ottawa, wo Bürgermeister Jim Watson den Ausnahmezustand verhängt hat. Sie protestieren mit ihrem sogenannten „Freedom Convoy“ (Konvoi der Freiheit) gegen die Impfpflicht für Fahrer, die Güter aus den Vereinigten Staaten über die Grenze transportieren. Wenn sie nicht gegen das Coronavirus geimpft sind, müssen sie sich nämlich an strenge Test- und Quarantänevorschriften halten. Graham bekundete nun auf dem Kurznachrichtendienst Twitter seine Unterstützung für die LKW-Fahrer. Es gehe bei den Protesten nicht „vorrangig um Masken oder Impfstoffe“, sondern um die Freiheit, „unsere eigenen Entscheidungen zu treffen“, so Graham. „Wer hätte jemals gedacht, dass man verhaftet wird, weil man Menschen in Not Treibstoff und Nahrungsmittel bringt? Aber das passiert gerade in Kanada.“ Der kanadische katholische Priester und YouTuber Anthony Hannan sandte eine Grußbotschaft, in der er die Demonstranten aufforderte, mit ihren Protesten fortzufahren, bis entweder die Regierung zurückgetreten sei oder alle Corona-Maßnahmen aufgehoben würden. Katholische Priester rief er auf, sich den LKW-Fahrern in Ottawa anzuschließen.
Anglikanischer Priester: Christen gehen Bündnis mit der extremen Rechten ein
Kritik kommt von theologisch liberalen Christen. Der anglikanische Priester Michael Coren (Toronto) schrieb in einem Kommentar in der kanadischen Zeitung „Globe and Mail“, dass die extreme Rechte das Evangelium vereinnahmen würde. „Die christliche Linke existiert immer noch, und es könnte durchaus sein, dass die meisten Menschen, die sich selbst als Christen betrachten, progressiv sind, aber auf politischer Ebene wird das Narrativ überwiegend von der Rechten dominiert.“ Diese christliche Rechte pflege bestimmte Vorstellungen, die den Rang von halben „Sakramenten“ einnähmen. Hierzu gehörten der Widerstand gegen Abtreibungen und gleichgeschlechtliche Ehen sowie die Unterstützung traditioneller Vorstellungen von Familie und eine „Verehrung dessen, was sie als Freiheit“ betrachteten. Die Polarisierung werde zwar nie einen vergleichbaren Grad wie in den USA annehmen, da evangelikale Christen in Kanada weniger zahlreich und „weniger fundamentalistisch“ seien. Es sei allerdings unvermeidlich gewesen, dass dieses Gedankengut irgendwann auch nach Kanada „herüberschwappt“, so Coren.